ERDKINDERPLAN

1. Theoretische Grundlage

Charakteristika des Lernens von Jugendlichen (nach David Khan)

  • Jugendliche haben ein soziales Interesse daran zu erkennen, was Gesellschaft ausmacht. Sie möchten Beweggründe erfahren und streben nach sozialer Gerechtigkeit. Hier liegt der Schlüssel zu ihrer Motivation.
  • Projekte reizen Jugendliche vor allem auf dem Niveau von Erwachsenen. Sie mögen Herausforderungen und können daran wachsen. Gemeinsames Tun, Selbstausdruck und Ästhetik besitzen für sie einen hohen Stellenwert.
  • Ihr Denken entwickelt sich sukzessive von einem Zusammenfassen von Fakten hin zu einem Nachdenken über und einer Interpretation von Fakten sowie Theorien.
  • Beim Darstellen von Personen legen sie zunehmend Wert auf spezifische Charakterzüge und Gefühle. Dies wird v.a. auch im historischen Zusammenhang wichtig.
  • Jugendliche probieren verschiedene Rollen aus und sind immer auch in verschiedenen Rollen auf Grund der Aufgaben, die sie gestellt bekommen. Dadurch entwickeln sie sich in ihrer Persönlichkeit weiter und gewinnen neue Einsichten.
  • Von enormer Bedeutung ist die Zukunft: Wie geht es weiter? Was soll ich später einmal tun? Was ist, wenn…? Durch die Antizipation zukünftiger Ereignisse erhält ihre gegenwärtige Arbeit Sinn und Bedeutung.
  • Hohe Motivation zeigen Jugendliche gerade auch in der Zusammenarbeit mit Experten.

Maria Montessori erkannte bereits im frühen 20. Jahrhundert, dass eine vor allem kognitiv ausgerichtete Schule und ein ständiges Sitzen nicht den Bedürfnissen von Jugendlichen entsprechen. Aus diesem Grund entwickelte sie den Erdkinderplan.

Sie verwendete bewusst das deutsche Wort „Erdkinder“. Folgendes ist damit gemeint:

Zum einen arbeiten diese Kinder mit der Erde, sie dringen von der Natur her in die Kultur ein und entwickeln ein vertieftes Verständnis.

Zum anderen sieht sie in ihrer Pädagogik auch einen Grundstein für eine friedlichere Welt. Ein Jugendlicher, der seine eigene Verbundenheit zur Natur erfahren hat und den komplexen Zusammenhang mit anderen Lebewesen, auch anderen Menschen und Pflanzen in seinen Ansätzen begriffen und erkannt hat, wird sich in unserer Welt anders verhalten. Ein solcher Jugendliche wird die Einzigartigkeit und damit auch die Bedeutung jedes anderen Menschen und Lebewesens hoch einschätzen und ein friedliches Zusammenleben wird ihm deshalb ein dringliches Bedürfnis sein. Umgekehrt wird er von seinen Mitschülern den gleichen Respekt erfahren.

2. Was bedeutet der Erdkinderplan für die Schule?

Nach Maria Montessori brauchen die Jugendlichen eine Einrichtung, in der sie unabhängig sind und die ihnen dennoch Schutz und Geborgenheit bietet. Um den Jugendlichen gerade auch eine wirtschaftliche Unabhängigkeit zu ermöglichen, sollen diese auf dem Feld, in einem Gasthof oder in einem eigenen Laden tätig sein. Gleichzeitig erfahren sie auch schulische Inhalte.
Folglich wird die übliche Schulstruktur für eine gewisse Zeit, in der Hauptphase der Pubertät, aufgebrochen. Die Jugendlichen sind in der Gemeinschaft an Projekten in handwerklichen, landwirtschaftlichen oder gastwirtschaftlichen Bereichen tätig. Dabei meistern sie mit Hilfe von Experten Herausforderungen. Die Lernbegleiter (Lehrer/ pädagogische Fachkräfte) unterstützen bei Abstimmungsprozessen und vernetzen die Projekte mit schulischen Inhalten.

3. Wie setzen wir dieses Konzept in Mitwitz um?

An der Montessorischule in Mitwitz setzen wir den Erdkinderplan in den Jahrgangsstufen 7/ 8 ab September 2014 um. In dieser Jahrgangsstufe gibt es zurzeit an unserer Schule drei Lerngruppen. Eine Woche im Monat ist jede Lerngruppe auf dem Grundstück „Wolfsgrube“ und arbeitet dort nach den Prinzipien des Erdkinderplans. In der darauffolgenden Woche folgt die nächste Lerngruppe. Die letzte Woche des Monats sind alle drei Lerngruppen in der Schule.

Ein möglicher Tagesablauf:

Verständlicherweise ist es uns zunächst nicht möglich alle Elemente, die Maria Montessori in ihrem Entwurf des Erdkinderplans vorsieht, sogleich umzusetzen. Ihr Entwurf ist ein Idealbild, gleichsam eine Vision, auf die wir uns in einem längerfristigen Prozess zu bewegen.
In Mitwitz beginnen wir auf einem unbebauten Grundstück (Wiesenland): Es wird zunächst Wunsch der Schüler sein, einen Schutz vor dem Wetter, d.h. ein trockener Ort evtl. auch beheizbar, zu haben. Den Boden können sie bearbeiten, um dort Nahrungsmittel für sich selbst und bei gutem Ertrag auch für Andere anzubauen. Im Laufe der Zeit und aus den Wünschen der Schüler heraus (diese sind einer gewissen Notwendigkeit geschuldet) werden sich weitere Projekte entwickeln und umgesetzt werden. Experten können dazu wichtige Hinweise liefern.
Mit diesem Projekt geben wir unseren Jugendlichen Raum, sich selbst zu entfalten, ihre Persönlichkeit zu entwickeln und einen Anlass zum sozialen Lernen. Sie erhalten die Möglichkeit, echten Herausforderungen zu begegnen und diese zu meistern. Zugleich bleiben unsere pädagogischen Ziele nach individueller Förderung und Erziehung zur Selbstständigkeit bestehen.

4. FAQs

Ja. Wie die Erfahrung an anderen Montessori-Schulen bereits gezeigt hat, steigt die Motivation und der Lerneifer der Schüler durch eine solche Maßnahme stark an, da sie auf diese Weise Selbstwirksamkeit erfahren können. Die Entscheidungsgewalt, sowie die Umsetzung liegen alleine in ihren Händen. So entsteht eine intrinsische Motivation, sich alles nötige Wissen anzueignen.
Außerdem ist es die Aufgabe der begleitenden Pädagogen, einen stetigen Bezug zum Lehrplan herzustellen. „Probleme“, die bei der praktischen Arbeit entstanden sind, werden aufgegriffen und in den folgenden Schulwochen lehrplankonform erarbeitet.

Auch hier ist ein ganz klares „Ja“ die Antwort. Das Erleben einer realen Arbeitssituation fördert Schlüsselqualifikationen wie Teamfähigkeit, Kommunikationsfähigkeit, Kompromissbereitschaft, u.v.m.

Sie haben, ebenso wie die anderen, die Möglichkeit sich auszuprobieren, Grenzen auszuloten und Talente an sich zu entdecken, die im Klassenzimmer bisher möglicherweise zu kurz gekommen sind.
Auch für unsere Inklusionskinder gibt es vielfältige Möglichkeiten, sich mit und auch ohne Unterstützung des jeweiligen Pädagogen einzubringen.

Wir möchten gerne alle unsere Schüler der 7. Und 8. Jahrgangsstufe mit ins Boot holen. Da heißt, alle müssen mit ihrer LG auf die Baustelle. Es wird allerdings niemand zur Verrichtung einer Arbeit gezwungen, die er nicht machen möchte. Bei dem vielfältigen Angebot an notwendigen Tätigkeiten findet sich eine Aufgabe für jeden.

Alle Lehrkräfte haben eine Erste-Hilfe-Ausbildung oder mehr. Auch unter den Schülern befinden sich ausgebildete Schulsanitäter. Jeder Pädagoge wird außerdem ein Notfallhandy und einen Erst-Hilfe-Kasten bei sich tragen. Darüber hinaus gibt es auch bei diesem Projekt Sicherheitseinweisungen, wie im Werk- oder Sportunterricht, an die sich alle Schüler halten.

  • wetterfeste Kleidung
  • Arbeitshandschuhe
  • Sicherheitsschuhe
  • ein Allzwecktaschenmesser
  • ein Notizbuch DinA5

5. Was wir immer gebrauchen können

Sachspenden:

  • Noch brauchbare Werkzeuge und Gartengeräte, auch Gießkannen, Tonnen für Regenwasser
  • Holzreste
  • Natursteinreste
  • Pflanzenspenden: Saatgut, Setzlinge, Ableger u.ä.
  • Sonstige Materialien

Eltern, die einen Tag mit uns in der Wolfsgrube verbringen und als Experte/ Aufsicht unterstützen.

6. Unser Grundstück